Dichtercafé

Gegen den Strich

Sonntag, 10.12.2023 · 16.30 Uhr

Tafelhalle, Nürnberg

Dichtercafé mit Adeline Schebesch

Text  Joris-Karl Huysmans
Musik  Johannes Brahms Violinsonate d-Moll op. 108

ensemble KONTRASTE

Jean des Esseintes, die Hauptfigur des Romans, ist der Spross einer zunehmend der Dekadenz verfallenden Adelsfamilie. Angewidert von dem Gedanken, „so zu sein, wie alle anderen“, zieht er sich in ein Haus bei Paris zurück, das er nach seinem exzessiv verfeinerten, bis ins Pathologische gesteigerten Geschmack umgestaltet. Aus Kunst und Künstlichem schafft er sich seine eigene Welt, er widmet seine Zeit in der selbst gewählten Isolation hauptsächlich dem Genuss von Farben, Düften, Literatur oder prachtvollen Kunstwerken. Er verlangt nach immer morbideren Sinnesreizen – bis seine Scheinwelt brüchig wird: Alpträume und Halluzinationen über vergangene Exzesse bedrängen ihn, so dass ihn auf ärztlichen Rat nur eine Rückkehr in die „Normalität“ des Pariser Gesellschaftslebens retten kann.
Der Roman von 1884, mit durchaus autobiografischen Zügen, „schlug ein wie ein Meteor auf dem literarischen Jahrmarkt und löste Staunen und Wut aus", schrieb Joris-Karl Huysmans in einem Vorwort einer späteren Ausgabe. „Gegen den Strich“ wurde zu einem herausragenden literarischen Zeitdokument, zur „Bibel der Décadence“, zum „Kultbuch einer Dichtergeneration“. Noch Michel Houellebecq, der vieldiskutierte französische Gegenwartsautor, bezog sich in seinem Roman „Unterwerfung“ auf Huysmans. Und in der Tat lässt das Buch „Gegen den Strich“ an aktuelle gesellschaftliche Trends denken, wie die Suche nach Sinn in einer schnelllebigen und materialistischen Gesellschaft oder die Abneigung gegenüber Konventionen und gängigen Normen, verbunden mit der Suche nach alternativen Lebensstilen.
Der Autor Joris-Karl Huysmans, geboren 1848 in Paris, arbeitete seit seinem achtzehnten Lebensjahr im französischen Innenministerium. Wie Flaubert, Zola und Maupassant stand er mit seinen ersten literarischen Arbeiten noch ganz im Bann der naturalistischen Schule, die sich ein möglichst genaues Abbild der Wirklichkeit zum Ziel gesetzt hatte. Mit „Gegen den Strich“ ließ er den Naturalismus hinter sich und wandte sich der ästhetischen Dekadenz bzw. dem Symbolismus zu.
Die Dritte Violinsonate des deutschen „Grüblers“ Johannes Brahms schafft einen reizvollen Kontrast zur „Décadence“ des Romans. Auch Brahms suchte zum Komponieren die Zurückgezogenheit, wie etwa am Thuner See, inmitten von Wiesen und malerischen Bergen. Im Jahr 1886 komponierte er dort den ersten Satz seiner Dritten Violinsonate in d-Moll. 1888 vollendete er die Sonate; deren Hauptmerkmale: leidenschaftlicher Ausdruck und von den Ausführenden geforderte große Virtuosität. Letztere soll sogar die Künstler der Uraufführung – ein damals bekannter Geiger und Brahms selbst am Klavier – in Schwierigkeiten gebracht haben.
Kammerschauspielerin Adeline Schebesch erhielt ihre Ausbildung am Max Reinhardt-Seminar in Wien, wo sie anschließend neun Jahre als freie Schauspielerin arbeitete. Seit 1997 ist sie am Staatstheater Nürnberg engagiert, ist damit seit Langem eine tragende Säule des Ensembles.

Karten:
Abendkasse Normal 28 € /  Ermäßigt 23 €
Vorverkauf: Normal 24 € / Ermäßigt 19 €
Inhaber:innen der Klassik-Card erhalten ihre Tickets zum ermäßigten Preis.

Vorschaubild Adeline Schebesch © Karolina Kownacka
Detailbild © Karolina Kownacka